
Städtetags-Chef Maly erteilt Flüchtlings-Soli klare Absage
Bislang floss er in den Aufbau Ost – geht es nach Ministerpräsident Seehofer, sollte mit dem Soli künftig die Integration der Flüchtlinge finanziert werden. Bayerns Städte halten davon gar nichts. Sie sehen einen anderen Verwendungszweck.
Nürnberg – Der Präsident des bayerischen Städtetags, Ulrich Maly (SPD), hat dem von Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) ins Gespräch gebrachten Flüchtlings-Soli eine klare Absage erteilt. Stattdessen sollte der bislang zum Aufbau der neuen Länder gedachte Beitrag bundesweit für längst überfällige Investitionen in Straßen, Schienen, Brücken und andere Infrastrukturmaßnahmen genutzt werden, sagte der Nürnberger Oberbürgermeister der Deutschen Presse-Agentur.
Ein Flüchtlings-Soli wäre dagegen in seinen Augen eine «Einladung zur gesellschaftlichen Entsolidarisierung». Viele Bundesbürger würden wahrscheinlich für einen Flüchtlings-Soli, der den Charakter einer Steuererhöhung hätte, nur wenig Verständnis aufbringen. «Da hört dann für viele Menschen der Spaß auf», ist Maly überzeugt. Der Städtetag vertritt nach eigenen Angaben mehr als 250 Städte und Gemeinden in Bayern.
Der Soli war kurz nach der deutschen Wiedervereinigung eingeführt worden und sollte zunächst den Aufbau Ost mitfinanzieren. Der Aufschlag von 5,5 Prozent auf die Einkommens- und die Unternehmenssteuern brachte 2015 laut Bundesfinanzministerium etwa 15,6 Milliarden Euro an Einnahmen für die Bundeskasse.
Dennoch hält Maly Überlegungen, den Solidaritätsbeitrag nach der geplanten Reform der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern weiter leben zu lassen, für legitim – allerdings als Investition in die marode deutsche Infrastruktur. Sanierungsbedarf besteht nach Einschätzung des Städtetags-Chefs auch bei vielen städtischen Gebäuden. «Die deutsche Infrastruktur ist mit 10 Milliarden Euro unterfinanziert», berichtete Maly. Von einem Infrastruktursoli würden neben Bund, Ländern und Kommunen die Bauwirtschaft und der Arbeitsmarkt profitieren.
Bei der Integration der aktuell großen Zahl von Flüchtlingen rief Maly dazu auf, aus den Fehlern der Gastarbeiterzuwanderung in den 1960er und 1970er Jahren zu lernen. Es sei zwar wichtig, Flüchtlinge rasch in Arbeit zu bringen. Genauso wichtig sei aber ihre Integration in die Gesellschaft.
Nach seiner Vorstellung sollte etwa versucht werden, «alle Talente, die die Menschen mitbringen, bei uns unterzubringen – unabhängig davon, ob sie jetzt in erster Linie schon dem Broterwerb dienen können oder nicht». Dabei denke er etwa an den Syrer, der in Damaskus Fußballtrainer war. «Da kann man sich überlegen, ob er das bei uns irgendwo im Fußballverein zu Übungsleiter-Vergütung tut. Davon wird er nicht leben können. Aber er hat einen Platz, eine Aufgabe in der Gesellschaft.» Das Schlimmste in den großen Flüchtlingsunterkünften sei für die Menschen die aufgezwungene Langweile.
Quelle: dpa