Zur Entspannung nach der Arbeit oder einem stressigen Tag trinkt Carolin Schürmann mittlerweile oft eine Tasse Tee. Doch das war nicht immer so. Lange Zeit stand an der Stelle von Tee Alkohol. Rückblickend erinnert sich Carolin an verschiedene Phasen in ihrem Leben, in denen sie häufig zum Weinglas griff. Zum Beispiel nach ihrem nicht bestandenen Studium oder stressigen Arbeitstagen. Lange hat Carolin ihr Trinkverhalten aber geleugnet – vor Ärzten, ihrer Familie und sich selbst. Auch mit ihrer eigenen Mutter Gerty hat sie nicht offen gesprochen. Und das, obwohl auch sie alkoholabhängig war.
So wie Carolin und ihrer Mutter Gerty geht es vielen in Bayern. 2022 wurden laut einer Studie des Barmer Instituts rund 220.000 Menschen mit Alkoholsucht behandelt. Eine Anlaufstelle in Mittelfranken ist das Suchthilfezentrum Nürnberg. 2023 waren 1.300 Personen in Beratung, drei Jahre vorher waren es über 200 weniger. Ein wesentlicher Faktor dafür: Das Bewusstsein in der Gesellschaft habe sich geändert, so Metzner. Mehr Abhängige und Angehörige kommen zur Suchtberatung. Kritisch sei etwa, wenn eine Person bemerkt, dass sie mit Alkohol im Blut offener und selbstbewusster wird und das gezielt immer wieder erreichen will. Studien zeigen laut Metzner, dass Kinder mit abhängigen Eltern später oft selbst abhängig werden oder sich einen kranken Partner oder eine Partnerin suchen.
Ein Kind würde sich zum Beispiel abschauen, dass die Eltern Stress mit Alkohol bekämpfen. Trotz abhängiger Mutter – Carolin Schürmann hat es mittlerweile geschafft. Sie ist seit dem 29.6.2022 trocken. Eine große Hilfe war ihr jetziger Lebenspartner. Aber auch eine Psycho- und Traumatherapie. Caroline will jetzt selbst Personen mit Suchtproblemen helfen. Deshalb erzählt sie ihre Geschichte in Schulen, gibt Schulungen für Führungskräfte und erstellt Geschichten und Leitfäden.
Anderen helfen. Das ist auch die Mission von Sanja Achinger. Ihr Weg führt sie oft zu den Gleisen am Nürnberger Hauptbahnhof. Die Umsteigehilfe ist nur eines von vielen Angeboten der Bahnhofsmission. Ein anderes: bei Anrufen unterstützen. Manche Personen kommen sogar täglich in die Einrichtung. Zum Beispiel Karl. Die Bahnhofsmission wird von drei Festangestellten und etwa 40 Ehrenamtlichen gestemmt. Nur so kann täglich Menschen geholfen werden. Zurück zu Sanja. Seit mehr als zwei Jahren unterstützt sie die Bahnhofsmission. Und das auch beim Zubereiten von kostenlosen Mahlzeiten.