Bayreuth – Einen kurzen Moment dachte Gustl Mollath, nach sieben Jahren Zwangsunterbringung in einer Psychiatrie, wieder ein freier Mann zu sein. Ein gefälschter Gerichtsbeschluss ordnete seine sofortige Entlassung an. Doch knapp eine halbe Stunde später flog der Schwindel über das Dokument auf. Die Forensische Klinik habe die Fälschung zunächst nicht erkannt, obwohl eine frühzeitige Warnung der Justiz über einen angeblichen Entlassungsbeschluss ausgesprochen wurde.
Im Glauben an die Echtheit des Dokuments habe der stellvertretende Leiter der Forensischen Klink Bayreuth, Michael Zappe, Mollath heute Morgen eröffnet, ab sofort ein freier Mann zu sein. Er bestätigte damit eine Mitteilung von Mollaths Anwalt. Nach dem gefälschten Gerichtsbeschluss hätte Mollath noch heute entlassen werden müssen.
Klinik sind Zweifel gekommen
Zappe berichtete weiter, ihm seien jedoch einige Passagen in dem Fax „ungewöhnlich“ erschienen. Daher habe er sich telefonisch beim Landgericht Regensburg rückversichern wollen. „Dort hat man mir dann mitgeteilt, dass der Gerichtsbeschluss eine Fälschung ist“, so Zappe. Daraufhin habe er Mollath zu seinem Bedauern mitteilen müssen, dass er vorerst weiter in der Klinik bleiben müsse. Zwischen der Ankündigung von Mollaths Entlassung und dem Widerruf habe eine gute halbe Stunde gelegen.
Existenz des gefälschten Dokuments war bekannt
Die Fälschung war bereits am Freitagabend mehreren Medien zugeschickt worden. In dem täuschend echt wirkenden „Beschluss“ des Landgerichts Regensburg heißt es: „der Untergebrachte ist unverzüglich zu entlassen“. Unterzeichnet ist dieser mit der Originalunterschrift der für den Fall zuständigen Richterin beim Landgericht.
Die Panne, die beinahe zur Entlassung von Gustl Mollath führte, hätte aber auch bei besserer interner Kommunikation verhindert werden können. Wie ein Justizsprecher mitteilte, hat der Nürnberger Generalstaatsanwalt Hasso Nerlich die Klinik bereits am Samstagfrüh vor dem gefälschten Gerichtsbeschluss gewarnt.
Täter drohen bis zu fünf Jahre Gefängnis für Fälschung
Nach Angaben der Justiz droht den Fälschern wegen Amtsanmaßung eine Haftstrafe von bis zu zwei Jahren. Werte ein Gericht den Verstoß als Urkundenfälschung, könnten den Tätern sogar bis zu fünf Jahre Haft drohen, hieß es in Nürnberger Justizkreisen.
Gefälschter Gerichtsbeschluss ist ein böser Scherz
Mollats Anwalt Strate distanzierte sich unterdessen von der Aktion. Er strebe die Freilassung und Rehabilitierung seines Mandanten nur mit rechtsstaatlichen Mitteln an. Gleiches gelte für Mollaths Unterstützerkreis. „Die heute erfolgte Übersendung einer gefälschten Entlassungsanordnung an die Klinik in Bayreuth ist demgegenüber die kriminelle Aktion eines Agent Provocateur, für den die Freiheit Mollaths ein böser Scherz bedeutet. Die seelische Verfassung Mollaths scheint dieser Person völlig gleichgültig zu sein“, heißt es in einer Erklärung des Verteidigers.
Quelle: dpa