12.04.2013, Nürnberg – Wer ganz nach oben will, muss früh mit dem Üben anfangen. Deshalb sollte die Talentförderung bei Sportlern optimalerweise im Kindesalter beginnen. Doch das zeitintensive Training lässt sich selten mit der Schule vereinbaren, sodass einige Sportkarrieren zeitig scheitern. Mit sogenannten „Elitenschulen des Sports“ soll das verhindert werden. Hier wird Sportförderung und Schulbildung unter einen Hut gebracht.
In Bayern gab es bislang nur drei solcher Eliteschulen. In Oberstdorf, Berchtesgaden und München kümmern sich die Schüler gleichzeitig um Schulabschluss und Sportkarriere.
Bertolt-Brecht-Schule ist jetzt offiziell „Eliteschule des Sports“
Im Herbst wurde die Bertolt-Brecht-Schule (BBS) in den kleinen Kreis der Sport-Eliteschulen aufgenommen. Ab heute trägt sie den Titel des Deutschen Olympischen Sportbundes auch offiziell. Den Fokus auf Leistungsport hat die Gesamtschule aber schon viel länger. Bereits 2008 adelte der Deutsche Fußball-Bund die BBS zur „Eliteschule des Fußballs“.
Der Spagat zwischen Sport und Schule erfordert viel Flexibilität und Disziplin. Bereits um acht Uhr absolvieren die Schüler der Bertolt-Brecht-Schule in Nürnberg ihre erste Trainingseinheit des Tages. Sie haben jeden Tag einen strammen Plan, der ihnen einiges abverlangt.
Jede Menge Selbstdisziplin – wenig Zeit
„Die Selbstorganisation der Schüler ist ganz wichtig. Die lernen jede freie Minute“, schildert Sportkoordinator Ludwig Franz. Dabei gestaltet sich das Zeitmanagement vor allem bei den Spitzentalenten schwierig, so der Schulleiter Harald Schmidt. Ungefähr 250 der insgesamt 1500 Schülerinnen und Schüler gehören zu den Spitzentalenten, die von den jeweiligen Verbänden ausgewählt wurden. Für sie gibt es pro Jahrgang und Schulzweig eine Leistungssportklasse. Schon die Jüngeren trainieren oft zweimal am Tag. Mit zunehmendem Erfolg kommen stetig mehr Wettkämpfe und Lehrgänge hinzu.
„In der internationalen Spitze fehlen unsere Schüler 120, 130 Tage im Jahr“, berichtet Schmidt. Dieser ausgefallene Unterricht müsse natürlich nachgeholt werden. In den Ferien oder an den Wochenenden bekommen diese Einzelunterricht. Das Konzept des „Nachführens“ hat das BBS entwickelt, um den Sportlern auch bei länger Abwesendheit das Erreichen des Schulabschlusses zu ermöglichen. Selbst Klausuren werden teilweise individuell verschoben.
Mit viel Leidenschaft verzichten die Schüler auf ihre Freizeit
Der 17-jährige Johannes Pistorius mischt als Badmintonspieler auf internationalem Level mit. Gerade erst gewann er bei der Jugend-Europameisterschaft zwei Bronzemedaillen. Fast jedes seiner Wochenenden ist mit einem Turnier oder Lehrgang belegt. Da der Oberstufenschüler nicht im angeschlossenen Internat wohnt, muss er zudem täglich eine Stunde pendeln. „Da bleibt nicht viel Zeit, um in die Stadt zu gehen oder ins Kino,“ sagt Johannes.
Johannes gehört zu den knapp 30 Schülern, die bereits zum Bundeskader gehören. Sie dürfen das Abitur in 13 statt in zwölf Jahren machen. Darauf spekuliert auch die Zehntklässlerin Marlene Ertz. Die deutsche Jugend-Vizemeisterin peilt eine Olympia-Teilnahme im Fechten an, will aber auch ihr Abitur schaffen. „Man muss es auf jeden Fall richtig wollen“, erzählt die 15-Jährige. Doch der Schulabschluss sei wichtig. „Selbst wenn wir wirklich gut werden, verdienen wir nichts. Selbst für Olympia-Gold gibt es nur 15 000 Euro – und darauf bereitet man sich ein ganzes Leben lang vor!“
Quelle: dpa